Carl Hagemann

1871 - 1945

  • Lebenslauf

    22. September 1871: Carl Hagemann wird in Harburg bei Hamburg als Sohn eines Architekten geboren

    Nach einem Studium des Bauingenieurwesens mit bestandener Vorprüfung an der TH Hannover folgt der Wechsel zu philologisch-ästhetischen Studien in Rostock, Berlin und Heidelberg

    1900: Promotion in Heideberg mit einer Arbeit über Die Geschichte des Theaterzettels

    1901: Arbeit bei der neuerstandenen Westfälischen Zeitung in Essen

    1902: Sein Buch Regie erscheint

    1906 - 1910: Trotz fehlender Praxiserfahrung wird Hagemann Intendant am Mannheimer Nationaltheater

    1910 - 1912: Leiter des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, welche erfolglos endet, da seine Reformabsichten beim Publikum auf Ablehnung stoßen

    1913: Antritt einer Weltreise, um das Theater fremder Kulturen zu studieren; hieraus entsteht der Band Spiele der Völker

    1915 - 1920: Intendanz in Mannheim

    1920 - 1930: Intendanz in Wiesbaden

    ab 1930: Lehrauftrag am Theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Berlin

    1940: Kriegsteilnahme als Major an der Ostfront (mit 70 Jahren)

    1945: Nach Kriegsende und bis zu seinem Tod im Dezember 1945 war er am beginnenden Wiederaufbau des Wiesbadener Theaterlebens beteiligt.

  • Zitate

    „Zeitgeschichtlich steht Hagemann am Ende der abklingenden, weil überholten, Gegenbewegung gegen den Naturalismus, aber mitten in dem Experimentieren mit Bühnenformen; am Ende der Hoftheaterzeit, aber mitten in einer Zeit, die starrsinnig an alten Dekorationen und Inszenierungsweisen festhält. Wo das der Fall ist, trifft H. auch nach Beendigung der geistigen Auseinandersetzung mit dem Naturalismus und Geschichtsrealismus der Meininger auf einen Provinzialismus, der hilflos bekannte Inszenierungen der Hauptstädte nachahmt, an dem einmal Erworbenen, das anderen Ortes längst wieder abgetan wurde, meiner Entschlossenheit festhält, die sich neuen Theaterkonventionen nicht aufschließt.“ 1

    „H[agemann]. glaubt an die Mission des Theaters. Seine Aufgaben sind transzendent; es soll die Menschen in eine höhere Wirklichkeit führen, über das gewöhnliche Dasein hinausweisen, es soll moralisch, weltverbessernd wirken. Das Theater ist ‚moralische Anstalt‘. […]

    H.‘s Weltanschauung ist positivistisch. Die nahe geistige Beziehung zu Schopenhauer findet ihren Ausdruck in seinen Ansichten über die Kunst.

    Seine Reformvorschläge und -gedanken stellen eine Synthese des ästhetisierenden Theatertheoretikers Rötscher und des Theaterpraktikers und Regisseurs Wagner dar. Die Regie nennt H. den wichtigsten Faktor im Theater, er spricht von der ‚Kunst der Regie‘.“ 2

    „Viele der bedeutendsten Hagemann’schen Schauspielinszenierungen danken ihre Erfolge in erster Linie der szenisch-dekorativen Gestaltung, während die Wortregie oft zu wünschen übrig lässt. Ein grosser Darstellungsregisseur ist Hagemann nie gewesen. Äusserste Sorgfalt verwendet er stets auf die Gestaltung des Spielplatzes, dessen Grundriss er immer selbst entwirft.“ 3

  • Inszenierungsverzeichnis

    Ort

    Datum

    Autor und Stück

    Rolle/Funktion

    1906

    Mannheim

    21.10.

    Strauss: Salome

    Regie

    Mannheim

    1.12.

    Wilde: Ein idealer Gatte

    Regie

    1907

    Mannheim

    5.5.

    Wagner: Die Meistersinger

    Regie

    Mannheim

    10.5.

    Hebbel: Herodes und Marianna

    Regie

    Mannheim

    19.10.

    Shakespeare: Hamlet

    Regie

    Mannheim

    12.12.

    Ibsen: Brand

    Regie

    Mannheim

    25.12.

    Schiller: Don Carlos

    Regie

    1907/08

    Mannheim

    ?

    Sachs: Das Narrenschneiden

    Regie

    1908

    Mannheim

    30.1.

    Goethe: Torquato Tasso

    Regie

    Mannheim

    30.5.

    Molnar: Der Teufel

    Regie

    Mannheim

    5.9.

    Hebbel: Gyges und sein Ring

    Regie

    Mannheim

    11.9.

    Offenbach: Hoffmanns Erzählungen

    Regie

    Mannheim

    31.10.

    Mendelssohn: Der Walzerkönig

    Regie

    Mannheim

    21.11.

    Greiner: Herzog Boccaneras Ende

    Regie

    Mannheim

    19.12.

    Falkenberg: Ein deutsches Weihnachtsspiel

    Regie

    1909

    Mannheim

    22.1.

    Schmitz: Don Juanito

    Regie

    Mannheim

    30.5.

    Goethe: Faust, 1. Teil

    Regie

    Mannheim

    2.10.

    Strindberg: Totentanz, 1. Teil

    Regie

    Mannheim

    10.11.

    Schiller: Wallenstein

    Regie

    Mannheim

    19.12.

    Puccini: Madame Butterfly

    Regie

    1910

    Mannheim

    1.1.

    Wilde: Ein idealer Gatte

    Regie

    Hamburg

    14.9.

    Shakespeare: Viel Lärm um Nichts

    Regie

    Hamburg

    28.9.

    Strindberg: Totentanz, 1. Teil

    Regie

    Hamburg

    12.11.

    Goethe: Torquato Tasso

    Regie

    1910/11

    Hamburg

    ?

    Sachs: Das heiße Eisen

    Regie

    1911

    Hamburg

    16.2.

    Eulenberg: Alles um Liebe

    Regie

    Hamburg

    23.3.

    Goethe: Götz von Berlichingen

    Regie

    Hamburg

    16.2.

    Eulenberg: Alles um Liebe (UA)

    Regie

    Hamburg

    25.4.

    Heckscher: Der Spielmann

    Regie

    Hamburg

    8.5.

    Shakespeare: Der Widerspenstigen Zähmung

    Regie

    Hamburg

    4.10.

    Schnitzler: Das weite Land

    Regie

    Hamburg

    1.11.

    Kleis: Penthesilea

    Regie

    1911/12

    Hamburg

    ?

    Hebbel: Gyges und sein Ring

    Regie

    1912

    Hamburg

    10.2.

    Wilde: Bunbury

    Regie

    Hamburg

    7.4.

    Strindberg: Ostern

    Regie

    Hamburg

    11.9.

    Schiller: Maria Stuart

    Regie

    Hamburg

    21.9.

    Gozzi/Vollmoeller: Turandot

    Regie

    Hamburg

    2.11.

    Strindberg: Fräulein Julie

    Regie

    Hamburg

    15.11.

    Hauptmann: Gabriel Schillings Flucht

    Regie

    1913

    Hamburg

    15.3.

    Hebbel: Michelangelo

    Regie

    1915

    Mannheim

    4.11.

    Egge: Wrack

    Regie

    1916

    Mannheim

    1.2.

    Strindberg: Totentanz, 1. Und 2. Teil

    Regie

    Mannheim

    4.3.

    Sudraka/Feuchtwanger: Vasantasena

    Regie

    Mannheim

    2.5.

    Klenau: Sulamith

    Regie

    Mannheim

    29.9.

    Brandts-Buys: Die Schneider von Schönau

    Regie

    Mannheim

    27.10.

    Schmidt-Noerr: Die Gefangenen

    Regie

    Mannheim

    19.12.

    Strauss: Ariadne auf Naxos

    Regie

    1917

    Mannheim

    14.1.

    Strauss: Salome

    Regie

    Mannheim

    24.4.

    Mozart: Die Zauberflöte

    Regie

    Mannheim

    1.9.

    Wagner: Der Ring

    Regie

    Mannheim

    30.10.

    Wedekind: Der Liebestrank

    Regie

    1918

    Mannheim

    1.5.

    Strauss: Eine Nacht in Venedig

    Regie

    Baden-Baden

    1.9.

    Offenbach: Orpheus in der Unterwelt

    Regie

    Mannheim

    10.11.

    Schiller: Don Carlos

    Regie

    1919

    Mannheim

    7.2.

    Offenbach: Der Goldschmied von Toledo

    Regie

    Mannheim

    26.3.

    Strauss: Eine Nacht in Venedig

    Regie

    Mannheim

    28.11.

    Halbe: Hortense Ruland

    Regie

    1920

    Mannheim

    7.2.

    Kreutzer: Der Gott und die Bajadere

    Regie

    Mannheim

    28.3.

    Pfitzner: Palestrina

    Regie

    Wiesbaden

    1.9.

    Offenbach: Die Großherzogin von Gerolstein

    Regie

    Wiesbaden

    19.10.

    Goethe: Götz von Berlichingen

    Regie

    1921

    Wiesbaden

    1.2.

    Kesser: Die Brüder

    Regie

    Wiesbaden

    1.5.

    Gluck: Orpheus und Eurydike

    Regie

    Wiesbaden

    1.9.

    Schiller: Maria Stuart

    Regie

    Wiesbaden

    1.10.

    Offenbach: Hoffmanns Erzählungen

    Regie

    1922

    Wiesbaden

    Goltz: Vater und Sohn

    Regie

    Wiesbaden

    4.2.

    Lessing: Minna von Barnhelm

    Regie

    Wiesbaden

    1.4.

    Wagner: Tristan und Isolde

    Regie

    Wiesbaden

    1.9.

    Gluck: Die Pilger von Mekka

    Regie

    1923

    Wiesbaden

    1.6.

    Strauss: Eine Nacht in Venedig

    Regie

    Wiesbaden

    1.10.

    Offenbach: Die Prinzessin von Trapezunt

    Regie

    1924

    Wiesbaden

    1.5.

    Bizet: Carmen

    Regie

    Wiesbaden

    1.6.

    Strauss: Ariadne auf Naxos

    Regie

    Wiesbaden

    1.9.

    Beethoven: Fidelio

    Regie

    Wiesbaden

    10.10.

    Goethe: Torquato Tasso

    Regie

    Wiesbaden

    1.12.

    Ramuz/Strawinsky: Die Geschichte vom Soldaten

    Regie

    1925

    Wiesbaden

    1.1.

    Shaw: Die Heilige Johanna

    Regie

    Wiesbaden

    1.4.

    Mussorgsky: Boris Godunow

    Regie

    Wiesbaden

    1.7.

    Strauss: Elektra

    Regie

    Wiesbaden

    1.11.

    Mozart: Don Giovanni

    Regie

    Wiesbaden

    1.12.

    Gluck: Die Pilger von Mekka

    Regie

    1925/26

    Wiesbaden

    ?

    Busoni: Arlecchino

    Regie

    1926

    Wiesbaden

    1.8.

    Lonsdale: Mrs. Oheneys Ende

    Regie

    Wiesbaden

    1.10.

    Kleist: Prinz Friedrich von Homburg

    Regie

    1931

    Berlin

    20.2.

    Strauss: Eine Nacht in Venedig

    Regie

    1931/32

    Karlsruhe

    ?

    Strauss: Die Prinzessin auf dem Seil

    Regie

    Karlsruhe

    ?

    Strauss: Eine Nacht in Venedig

    Regie

    1934

    Berlin

    31.12.

    Millöcker: Der Bettelstudent

    Regie

    1936

    Berlin

    12.4.

    Mussorgsky: Boris Godunow

    Regie

    Berlin

    15.9.

    Wagner: Lohengrin

    Regie

    Berlin

    23.9.

    Puccini: La Bohème

    Regie

    Berlin

    17.10.

    Mozart: Die Entführung aus dem Serail

    Regie

    Berlin

    14.11.

    Humperdinck: Königskinder

    Regie

    Berlin

    31.12.

    Auber: Fra Diavolo

    Regie

    1943

    Mainz

    17.4.

    Mozart: Die Zauberflöte

    Regie

    Mainz

    20.6.

    Verdi: Falstaff

    Regie

  • Literatur

    Hagemann, Carl: Regie, Studien zur dramatischen Kunst. Berlin 1902.

    Hagemann, Carl: Spiele der Völker. Eindrücke und Studien auf einer Weltfahrt nach Afrika und Ostasien. Berlin: Schuster & Loeffler 1919.

    Hagemann, Carl: Regie. Aus der Reihe: Die Kunst der Bühne, Band 1. Berlin: Schuster & Loeffler 1919.

    Hagemann, Carl: Der Mime. Die Kunst des Schauspielers und Opernsängers. Aus der Reihe: Die Kunst der Bühne, Band 2. Berlin: Schuster & Loeffler 1919.

    Hagemann, Carl: Deutsche Bühnenkünstler um die Jahrhundertwende. Frankfurt a.M.: Kramer 1940.

    Hagemann, Carl: Wilhelmine Schroeder-Devrien. Wiesbaden: Der Greif 1947.

    Hagemann, Carl: Bühne und Welt. Erlebnisse und Betrachtungen eines Theaterleiters. Wiesbaden: Der Greif 1948.

    Darstellungen

    Bengsch, Hans-Jürgen: Carl Hagemann und die Szenenreform der Schauspielbühne. Ein Beitrag zur Geschichte der Regie im 20. Jahrhundert [Univ. Diss]. München 1951.

    Leyen, Hermann v.d.: Hagemanns theoretische Schriften. Versuch einer kritischen und zeitgeschichtlichen Untersuchung der Hagemann’schen Schriften über das Theater [Univ. Diss]. Düsseldorf 1957.

    Knudsen, Hans: Hagemann, Christian Carl. In: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 468.

  • Bestandsübersicht

    Köln: Die Einzelsammlung zu Carl Hagemann umfasst vor allem Inszenierungs- und Porträtfotografien sowie Korrespondenz (u.a. von/an Ludwig Barnay, Max Behrend, Carl Niessen, Leo Pasetti, Martin G. Sarneck, Louise Dumont).

    Der Kölner Bestand wurde zu einem Großteil berücksichtigt. Gesamtumfang der Einzelsammlung: 2 Kästen. Ergänzend wurden aus der Grafischen Sammlung der TWS exemplarische Bühnenbildentwürfe aus Hagemanns Intendanz in Mannheim, Wiesbaden berücksichtigt sowie Bestände aus der Kritiken- und Programmheftabteilung.

    München: Ergänzt wurde die Kölner Einzelsammlung durch den Nachlass Carl Hagemann im Deutschen Theatermuseum München, der vielfältige Quellen zu Hagemanns Wirken und seinen Netzwerken enthält. Für das Projekt wurden vor allem Inszenierungsfotografien erfasst und digitalisiert, aber auch Arbeitsmaterialien wie Manuskripte und Regiebücher sowie Lebensdokumente darunter Korrespondenz (u.a. von/an Otto Klemperer, Ernst Leopold Stahl, Max Herrmann), Fotoalben, Urkunden und Verträge.

Fußnoten:

1 Leyen, Hermann v.d.: Hagemanns theoretische Schriften. Versuch einer kritischen und zeitgeschichtlichen Untersuchung der Hagemann’schen Schriften über das Theater [Univ. Diss]. Düsseldorf 1957, S. 10 f.

2 Leyen, Hermann v.d.: Hagemanns theoretische Schriften. Versuch einer kritischen und zeitgeschichtlichen Untersuchung der Hagemann’schen Schriften über das Theater [Univ. Diss]. Düsseldorf 1957, S. 76.

3 Bengsch, Hans-Jürgen: Carl Hagemann und die Szenenreform der Schauspielbühne. Ein Beitrag zur Geschichte der Regie im 20. Jahrhundert [Univ. Diss]. Bad Schwartau/Holstein 1951, S. 49.